’Mächtige Vorstellungen’

Der Theaterkurs des Profils ‘Mensch und Verantwortung’ präsentiert nach drei Monaten Projektarbeit die Endauswahl seiner eigenen Machtdarstellungen.

Wir haben an dem gleichnamigen Projekt im Rahmen der Reihe ’Demokratiebildung’ des Kulturforums 21 teilgenommen und in Zusammenarbeit mit dem Fotographen André Lützen und der Schauspielerin Ruth Kröger von den Deichtorhallen eigene Machtvorstellungen entwickelt, konzipiert und in inszenierten Bildern auf den Punkt gebracht.

Einen Eindruck von dieser künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Thema Macht geben die folgenden Fotos und Textauszüge aus den Skripten der Schüler*innen.

B. Müller


MACHT

’Macht beschreibt meiner Meinung nach die Fähigkeit, über das Leben anderer Menschen oder jeglicher Lebewesen zu bestimmen, bzw. es zu beeinflussen.
Demnach ist Macht ein sehr weiter Begriff, der neben der offensichtlichen, politischen Dimension noch weitere beinhaltet. Macht und Machtverhältnisse finden sich in jeder Lebensrealität, Kinder werden von Geburt an damit konfrontiert. Das erste Machtverhältnis ist das zwischen Eltern und Kind, das Kind ist von den Eltern abhängig, die Eltern besitzen folglich Macht über das Kind. Diese Beziehungen setzen sich in Kindergarten und Schule, bspw. mit Lehrer:innen weiter fort.

Aber Macht hat auch eine bedeutende gesellschaftliche und politische Dimension, die Macht der Exekutive scheint hierbei zunächst am größten, ist jedoch in Demokratien, der eigentlich „schwächere“ Anteil des Machtverhältnisses, zwischen dem wählenden Volk und den gewählten Vertreter:innen. Politische Maßnahmen hingegen sind unbeschreiblich mächtig, sie beeinflussen täglich das Leben aller Menschen. Diese Macht geht jedoch über die Gegenwart hinaus, zukünftige Generationen und jüngere Menschen werden die Konsequenzen politischen Handelns oder nicht Handelns auch in ihrem Leben spüren, bspw. bezüglich des Klimawandels.

Macht, Machtverhältnisse und wie ausgewogen diese sind, entscheidet also tagtäglich über unsere Lebenswirklichkeiten, die von zukünftigen Generationen und Menschen auf der ganzen Welt.
Darin ist auch die Wichtigkeit begründet Macht kritisch zu beleuchten und darzustellen, da unausgewogene Machtverhältnisse und Machtmissbräuche, im politischen sowie im privaten- gesellschaftlichen Zusammenleben, folgenschwere Konsequenzen haben.

Jette Hiller

Parlamentarische Macht (Jette Hiller)

Der Machtaspekt, der in meinem Fotoprojekt umgesetzt werden sollte, ist die Wichtigkeit der parlamentarischen Macht, der Demokratie. Mein Ziel war es auszudrücken, dass es unter jedem Umstand unser Anspruch sein sollte eine demokratische Meinungsbildung und Regierungsführung zu unterstützen. Dafür sollte eine lebendige Parlamentsszene dargestellt werden, da das Parlament und die Debatte im Parlament, immer das Zentrum der Macht darstellen sollte.’              

Diktatur (Jette Hiller)

’In der Machtdarstellung des Diktators war es mir wichtig, neben einer reinen Machtdarstellung, dem Bild auch einen kritische Blickwickel mitzugeben. So stellt es in Teilen auch ein Gegensatz zu dem ersten Projekt da, da es das exakte Gegenteil von einer Demokratie darstellt. Die Idee war es den Diktator wie in dem Sprichwort „über Leichen gehen“ darzustellen. Der Diktator steht stolz vor seinen Soldaten (dem Denkmal) auf einer höheren Ebene und darunter („unter der Oberfläche“) sind viele Leichen dargestellt. Der Diktator geht demnach sprichwörtlich „über Leichen“ um seine Macht mit allen Mitteln aufrechtzuerhalten. Aus einer anderen Perspektive steht der Diktator grinsend vor den Leichen, es ist ihm egal was mit den Menschen passiert, diese werden in seiner Wahrnehmung vermutlich sogar entmenschlicht, nur damit er egoistisch, seine Macht bzw. sein Regime aufrechterhalten kann.

Gleichzeitig lässt das Bild noch weiteren Interpretationsspielraum, da durch die schwarze Kleidung und die nackten Füße der Leichen nicht klar wird, ob diese Zivilist:innen oder Soldat:innen sind. Von Soldat:innen könnte man ausgehen, da Leichen optisch teilweise aus dem Denkmal „rausquellen“. Andererseits könnten es auch Zivilsit:innen seien, die sich gegen das diktatorische Regime aufgelehnt haben und deswegen ermordet wurden.’

Politiker und Bürger (Sebastian Witte)

Unsere Idee für das Fotoprojekt im Rathaus ist entstanden als Luis mir Bilder zeigte, welche deutlich Macht ausstrahlen, obwohl sich einfach nur zwei unbekannte Personen die Hand schütteln. Mich hat der Gedanke, dass man durch ein einfaches Händeschütteln ein Bild mit einer solchen Ausstrahlungskraft kreieren kann, sehr fasziniert. Auf diese Weise wird erneut deutlich, wie vielseitig Macht sein kann. Das Hände- schütteln hat viele unterschiedliche Bedeutungsmöglichkeiten. Es kann sich um eine alltägliche Begrüßung handeln, es kann Zusammenhalt und Einigung symbolisieren und es kann aber auch das Ende oder den Abschied einer Freundschaft oder einer Geschäftsbeziehung bedeuten.

Gerade in der Politik hat der Händedruck eine große Bedeutung. Wenn sich entweder zwei wohlgesonnene Staatsoberhäupter oder zwei politische Gegner die Hände schütteln, wird Macht in Form von Einigkeit und Zusammenhalt oder auch von Hierarchie (vgl. verschiedene Bilder von Trump mit anderen Staatsoberhäuptern) ausgestrahlt. Dass viele machtvolle und historische Momente durch ein einfaches Händeschütteln entstanden sind und dass nicht immer große Ereignisse nötig sind, um Macht auszustrahlen, finde ich sehr beeindruckend. Darum wollte ich unbedingt das Händeschütteln als Motiv für unser Projekt nutzen.

Machtmissbrauch durch Gewalt (Clara Eipper)

’Macht kann jedoch, in alltäglichen sowie in bedeutenderen Situationen, leicht missbraucht werden. … Auf diesen Aspekt der Macht, also den Machtmissbrauch, hat sich meine Gruppe konzentriert.  Denn die Frage “Was macht Macht mit Menschen?“, ist eine, die schon seit Jahrtausenden fasziniert.

Wir haben uns für eine Situation entschieden, in der im Rahmen einer Demonstration von einer Gruppe Macht durch körperliche Überlegenheit gegenüber einer Einzelperson ausgeübt wird.

Diese Person wurde von Flora dargestellt, indem sie sich an einem ausgewählten Ort (einem Skatepark in der Schanze), umgeben von vorgefertigten Pappschildern, alten Flaschen und Graffiti auf den Boden gelegt hat.

Nikita, Isabel und ich haben die Gruppe derjenigen dargestellt, die ihre körperliche und zahlenmäßige Überlegenheit, also ihre Macht, in Form von Gewalt missbraucht haben. Wir haben uns um sie versammelt, sie heruntergedrückt, getan als würden wir ihre Plakate anzünden und sie mit Flaschen schlagen und ich habe mich neben ihren Kopf gestellt, sodass nur meine Schuhe zu sehen waren, die die anonyme Unterstützung der dominierenden Gruppe dargestellt haben. Das Ganze wurde sowohl aus der Opfer- als auch aus der Täterperspektive festgehalten. …

Ich denke, dass es uns in Zusammenarbeit mit dem Kurs und dem Photographen gut gelungen ist, Machtmissbrauch darzustellen. Denn sowohl die Übermacht der Gewalt ausübenden Gruppe, als auch die Ohnmacht von der, die der Gewalt ausgesetzt ist, sind meiner Meinung nach auf den Photos zu erkennen.’