„Lasst niemals jemand anderen für euch denken.“ Zeitzeugengespräch mit Henriette Kretz
Am 24. Mai hatte der gesamte Jahrgang 10 der Sophie-Barat-Schule die besondere Gelegenheit, Henriette Kretz persönlich zu begegnen – einer Zeitzeugin der Shoah. Frau Kretz wurde 1934 im damaligen Polen geboren und überlebte als Kind den nationalsozialistischen Terror und die Ermordung ihrer jüdischen Familie. Frau Kretz lebt in Belgien und engagiert sich in beeindruckender Offenheit und Stärke dafür, ihre Geschichte weiterzugeben – als Mahnung gegen das Vergessen und für die Menschlichkeit.
Ihr Besuch an unserer Schule hat bei den Schüler:innen tiefe Spuren hinterlassen. In einem eindrucksvollen und sehr persönlichen Vortrag erzählte sie von ihrer Kindheit, der Verfolgung durch die Nationalsozialisten, dem Verlust ihrer Eltern und ihrem Überleben in einem katholischen Waisenhaus, in dem sie versteckt wurde. Dabei bewegte nicht nur ihre Geschichte – sondern auch ihre Haltung: voller Menschlichkeit, Klarheit und Hoffnung.
Schüler:innen teilten im Anschluss ihre Gedanken:
- „Mich hat beeindruckt, dass sie sich an alles noch so gut erinnern kann, und ich fand es sehr interessant, ihre Geschichte zu hören.“
- „Es war emotional eine ganz andere Ebene, eine Person in echt über die Zeit reden zu hören, da man viel mehr begreifen konnte, wie diese Zeit war.“
- „Am meisten hat mich bewegt, wie der Vater ihre Familie beschützt hat und auch, dass er anderen Kindern geholfen hat. Ich fand es sehr berührend, als Frau Kretz über den Tod ihrer Eltern gesprochen hat – wenn man sich das vorstellt, mit eigenen Augen gesehen zu haben, kriegt man fast schon Gänsehaut.“
- „Ich fand es besonders, die Berichte über diese Zeit so persönlich zu erfahren. Es wirkt wirklicher, als wenn man darüber liest oder andere, die es nicht selbst erlebt haben, davon erzählen. Es ist erstaunlich, was ein Mensch aushalten kann, wenn es ums Überleben geht. Ich habe gelernt, dass Menschen, wenn sie überzeugt sind, das Richtige zu tun, zu Handlungen fähig sind, die man sich sonst nicht vorstellen kann. Solche Schicksale berühren und regen zum Nachdenken an – auch über unsere Gegenwart.“
- „Auch sehr interessant fand ich die Fotos am Ende. Man konnte sehen, wie ihre Familie ausgesehen hat, und sich alles noch besser vorstellen – das hat es noch eindrücklicher gemacht.“
Wir danken Henriette Kretz von Herzen für ihr Kommen und ihre Offenheit. Ihr Besuch hat uns nicht nur die Geschichte der Shoah nähergebracht – sondern uns auch daran erinnert, wie wichtig Menschlichkeit, Empathie und kritisches Denken gerade heute sind.
Ein besonderer Dank gilt auch Frau Roth für die Moderation des Gespräches sowie dem Maximilian-Kolbe-Werk und der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg für ihre freundliche Unterstützung.
M. Siemer
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Lesetipp
Henriette Kretz: "Willst Du meine Mutter sein? Eine Kindheit im Schatten der Schoah" (kostenloses eBook)