Kategorie-Archiv: Geschichte

Geschichtomat an der SBS – Jüdischer Kultur auf der Spur

Filmkameras, Stative und Tonmuscheln werden durch die Sophie-Barat-Schule transportiert und Schülergruppen sind statt im Klassenraum auf Außendrehs zu finden oder in Drehbücher und Schnittprogramme vertieft. Die Klasse 8e erstellte in einer Projektwoche im Rahmen des Religionsunterrichts Filmbeiträge zur jüdischen Kultur in Hamburg für den Geschichtomaten.

Wer war eigentlich die Familie Warburg, die unserer Schuladresse ihren Namen gegeben hat und was findet man im Jüdischen Salon? Was verbirgt sich hinter Thora und Bar bzw. Bat Mitzwa und wie heiratet man eigentlich im Judentum? Diese Fragen galt es für die Klasse 8e filmisch zu beantworten. Die Schülerinnen und Schüler recherchierten in Kleingruppen und überlegten sich Möglichkeiten, ihr jeweiliges Thema kreativ, informativ und ansprechend umzusetzen. Ansporn war dabei nicht nur der eigene Anspruch, sondern auch die Aussicht, dass die kurzen Dokumentationen am Ende der Projektwoche nicht nur einer anderen Klasse vorgestellt, sondern auch auf dem digitalen Stadtplan des Projekts der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt würden (https://www.geschichtomat.de/orte/geschichten/ Suchleiste: Hochzeit, Bar/Bat Mitzwa, der Jüdische Salon, die Familie Warburg, die Thora).

Basis der meisten Beiträge waren Interviewpartner, die vorab seitens des Projektteams angefragt wurden, ergänzt um vielfältige eigene Ideen der jeweiligen Gruppe. So wurde z.B. eine jüdische Hochzeit unter der Kiosk-“Chuppa“ (jüdischer Traubaldachin) nachgespielt oder eine Umfrage zur Thora am Dammtor in den Beitrag aus der Synagoge integriert.

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Die Gruppen, die sich mit der Bar/Bat Mitzwa und der Hochzeit im Judentum beschäftigten, waren dabei vor die besondere Herausforderung gestellt, die jüdischen Traditionen mit den Ritualen im Christentum zu vergleichen. Für die beiden Gruppen, die eher historisch arbeiteten und über die Familie Warburg und den Jüdischen Salon im Café Leonar berichteten, lag die Schwierigkeit dagegen eher darin begründet, zusätzliches Filmmaterial zu den Experteninterviews zu finden und diese differenzierten Beiträge schließlich auf das Wesentliche zu kürzen.

Inhaltlich und vor allem methodisch wurde die Klasse begleitet von der Historikerin Dr. Carmen Smiatacz und den beiden Medienpädagogen Daniel Rossberg und Kristina Thoms, die bei allen technischen Problemen hilfreich zur Seite standen und das professionelle Equipment zur Verfügung stellten – vielen Dank für die großartige Arbeit. Die Klasse 8e hat in der Projektwoche nicht nur mehr über die jüdische Kultur und Geschichte gelernt, sondern weiß nun auch um die Arbeit, die hinter einem sorgfältig recherchierten und abwechslungsreich gestalteten Videobeitrag steht. Alle Schülerinnen und Schüler haben sich der anspruchsvollen Aufgabe verlässlich und engagiert gestellt, hervorragend zusammengearbeitet und informative und kreative Videos erstellt – ein tolles Ergebnis!

I. Beuse

Wir freuen uns über die vielfältige Berichterstattung:

https://www.ardmediathek.de/tv/Hamburg-Journal/Sch%C3%BCler-erforschen-j%C3%BCdische-Geschichte/NDR-Fernsehen/Video?bcastId=25231214&documentId=44423682

https://www.geschichtomat.de/news/detail/schueler-entdecken-juedische-geschichte-hamburgs/

https://bv-dammtor.de/content/dammtor-zeitung/dammtor-zeitung-17-1.pdf

Über Geschichtomat:

Der Geschichtomat ist ein Schülerprojekt zur Vermittlung jüdischer Geschichte und Kultur in Deutschland. Ziel des deutschlandweit einzigartigen Projekts ist es, Schülerinnen und Schülern einen eigenständigen Zugang zur jüdischen Geschichte, Kultur und Gegenwart in ihrer Stadt zu eröffnen.

Im Rahmen von Projektwochen gehen die Jugendlichen in ihrem Stadtteil auf Spurensuche. Sie beschäftigen sich mit historischen Personen, Orten oder Ereignissen und setzen sich mit aktuellem jüdischen Leben auseinander. Mit fachlicher und medienpädagogischer Begleitung recherchieren sie, führen Interviews mit Experten und Zeitzeugen, besuchen Museen und Archive, drehen und schneiden Filme, bearbeiten Fotos und schreiben Texte. Zum Ende der Projektwoche werden die fertigen Beiträge auf der Website hochgeladen. (https://www.geschichtomat.de/projekt/idee/)

„Die Schuld der Mitläufer“ – Roman Grafe zu Gast an der SBS

Es ist kaum zu glauben, was Roman Grafe uns über die DDR berichtet. So gab es in der DDR beispielsweise schon in der neunten Klasse, also für Dreizehn- und Vierzehnjährige, verpflichtenden Umgang mit der Schusswaffe im Unterricht oder sogenanntes „Handgranatenzielwerfen“ – zur „Stärkung des Sozialismus und Sicherung des Weltfriedens“!

Dies liest der Journalist und Buchautor Roman Grafe, der selbst 1989 kurz vor dem Mauerfall aus der DDR floh, aus dem persönlichen Bericht eines ehemaligen DDR-Bürgers (veröffentlicht in „Die Schuld der Mitläufer – Anpassen oder Widerstehen in der DDR“ – Herausgeber: Roman Grafe).

Er tut dies im Rahmen einer Veranstaltungsreihe der Konrad-Adenauer-Stiftung, die zeitgeschichtliche Aufklärung über die DDR-Diktatur und die durch das SED-Regime verübten Verbrechen leisten möchte.

Grafe berichtet, dass sein Buch zwar von mehreren Landeszentralen für politische Bildung beworben werde, jedoch nur mit dem Untertitel „Anpassen oder Widerstehen in der DDR“, weil laut Grafe der Titel „Die Schuld der Mitläufer“ wohl zu „scharf“ gewesen sei.

Obwohl doch die Frage nach einer Schuld derjenigen, die einfach mitgelaufen sind und die vermeintliche Mehrheitsmeinung zu seinen Gunsten übernommen hat, eine sehr wesentliche ist. So hätten sich leider nur wenige in der DDR getraut, zu widerstehen und etwas Kritisches bspw. zum „Handgranatenzielwerfen“ und zahlreichen anderen schrecklichen Dingen zu sagen. Angst war dafür wohl ein wesentlicher Grund, denn schließlich drohten den angeblichen „Feinden des Sozialismus“ mehrere Jahre Zuchthaus, ein Staatsbürgerschaftsentzug und generell die Bespitzelung durch die Stasi, wenn sie beispielsweise keinen Wehrdienst bei der Nationalen Volksarmee leisten wollten oder wie der berühmte Liedermacher Wolf Biermann regierungskritische Lieder sangen.

So absurd es auch klingen mag, aber bereits ein Engagement bei der Verkehrspolizei wurde in der DDR als ebensolche „Stärkung des sozialistischen Staates und Sicherung des Weltfriedens“ angesehen.

P. Landahl, S.III

Glänzendes Gedenken

„Man kann auch mal ohne Geld etwas Gutes tun!“ dachte sich die Klasse 8b und reinigte in der Umgebung der Sophie-Barat-Schule Stolpersteine.

Im Rahmen des Religionsunterrichts machte sich die Klasse 8b in eigenen Recherchen und historischen Rundgängen auf die Suche nach Spuren des Judentums in Hamburg. Unweigerlich stößt man bei diesem Thema auch auf das schrecklichste Kapitel der deutschen Geschichte und es war schnell klar, dass das Grauen der Judenverfolgung nicht erst in Auschwitz, Treblinka oder in anderen Lagern begann, sondern in unseren Nachbarschaften, in unseren Häusern, vor unserer Tür…

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Damit diese Tatsache nicht in Vergessenheit gerät, erinnert der Kölner Künstler Gunter Demnig seit 1995 mit seinem Projekt STOLPERSTEINE durch kleine Gedenksteine europaweit an Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft vor deren früheren Wohnorten – seit 2002 auch in Hamburg. Aktuell sind hier bereits 4.921 Steine verlegt.

Weltenbrand – eine szenische Collage über den Ersten Weltkrieg

Krieg mit all seinem Irrsinn – das Kernthema des Projekts „Weltenbrand“, das leider heute, wie vor 100 Jahren brandaktuell ist. Der Sophie-Barat-Schule ist es mit der Unterstützung des Kulturforums 21 gelungen, die Hamburger Theatergruppe Axensprung mit ihrer szenischen Collage zum Ersten Weltkrieg zu einer Schulvorstellung im eigenen Haus einzuladen. Es handelt sich hierbei um ein Experiment, sich mit theatralen Mitteln einer Generation zu nähern, „die vom Krieg zerstört wurde, auch wenn sie den Granaten entkam.“ (Erich Maria Remarque)

 

Die Theatergruppe nähert sich dem oft als „Urkatastrophe“ des 21. Jahrhunderts bezeichneten Ersten Weltkrieg mit echten Feldpostkarten, Fragmenten aus zeitgenössischen Tageszeitungen und offiziellen Heereskommuniqués an. Sie lassen das Leben der jungen Männer, die vier Jahre kreuz und quer durch unseren Kontinent gezogen sind und dabei Tod und Vernichtung in unfassbarem Ausmaß erlebt und gesät haben, erahnen. Texte der expressionistischen Schriftsteller und Kriegsteilnehmer Edlef Köppen und August Stramm, Musik- und Klangkompositionen, sowie Projektionen von Fotos und Bildern des Malers Otto Dix verschmelzen dabei mit den Originaldokumenten zu einer eigenständigen Ausdrucksform.

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Die historische aber auch aktuelle Bedeutung solcher Produktionen, die Schülerinnen und Schülern Geschichte und Gegenwart auf einer ganz anderen Ebene erschließen als es mit Unterricht allein möglich wäre, liegen auf der Hand und deshalb freuen wir uns sehr über die Kooperation. Dank der Unterstützung des Kulturforums kann diese Veranstaltung nicht nur vor allen Schülern und Schülerinnen der Klasse 9 der Sophie-Barat-Schule, sondern auch vor Gästen aus dem Niels-Stensen-Gymnasium und der Franz-von-Assisi-Schule stattfinden. Herzlich Willkommen!

 

Die Vorstellung mit anschließendem Werkstattgespräch zwischen den Schauspielern und unseren Schülerinnen und Schülern findet am Mittwoch, den 1. Juli ab der 3. Stunde (Beginn: 10.30 Uhr) in der Mehrzweckhalle statt.


Mit ganz wenigen Mitteln beweisen die drei Schauspieler Michael Bideller, Oliver Hermann und Markus Voigt unter der Regie von Erik Schäffler, dass eine kleine Form größtmögliche Wirkung erzielen kann, wenn das Zusammenspiel von Text-, Musik-, Klang- und Bildelementen dramaturgisch klug verzahnt wird.” – Hamburger Abendblatt

 

 

Diejenigen, die die rund 80-minütige Collage sahen und noch sehen werden, dürften mehr Verständnis für eine Generation haben, die ein Opfer der Verhältnisse wurde – und gerade angesichts der aktuellen geopolitischen Entwicklungen zum Innehalten mahnt. Denn Adolf Reisiger ist eine zeitlose Figur: sympathisch, aber obrigkeitsgläubig, optimistisch, aber ein wenig naiv – und deshalb der ideale Freiwillige, der wie so viele Deutsche glaubte, dass bis Weihnachten alles vorbei ist. ” – Rhein-Zeitung

 

 

Der Krieg mit all seinem Irrsinn wird hier zu einem eindrucksvollen Kammerspiel mit drei Protagonisten.” – BuchMarkt

 

I. Beuse

Zeitzeugengespräch in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme

Gebt meine Geschichte weiter, auch wenn ich es nicht mehr kann!“

 

Dies waren die letzten Worte von Dagmar Lieblova in unserem Zeitzeugengespräch in der Gedenkstätte Neuengamme.

Im Rahmen einer Geschichtsexkursion in die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Neuengamme hatten wir das große Privileg, an einem Zeitzeugengespräch teilnehmen zu können. Aus diesem Grund war Herr Erdelbrock, ein Mitarbeiter der Gedenkstätte Neuengamme, bereits eine Woche vorher in unsere Klasse gekommen, um uns die Geschichte der Gedenkstätte zu erläutern und uns auch auf das Zeitzeugengespräch selbst vorzubereiten.

ZeitzeugeAls wir am 05. Mai 2015 ankamen, berichtete unsere Zeitzeugin Dagmar Lieblova, eine eindrucksvolle und humorvolle ältere Dame, sehr beeindruckend aus ihrem Leben. Diese Zeitzeugengespräche führt sie schon seit 28 Jahren, seit sie bei einem Buch über Kinder in Konzentrationslagern mitgewirkt hat. Sie wurde im Jahre 1929 als Tochter eines jüdischen Arztes in einer kleinen Stadt bei Prag geboren. Im Juni 1942 wurden sie und ihre Familie, bestehend aus Großmutter, Mutter und Schwester, zu einer sogenannten „Hamburger Kaserne“ nach Theresienstadt umgesiedelt. Für diese Reise mussten sie ihr Hab und Gut in einem Koffer unterbringen. In sogenannten Kasernen gab es eine Abteilung für die Jugendvorsorge. Sie lebte während dieser Zeit in einem Mädchenheim. Rückblickend beurteilt Dagmar Lieblova ihren Aufenthalt –trotz der widrigen Umstände dort – als recht glücklich, da sie mit ihrer Familie zusammen war und eine Freundin fürs Leben gefunden hatte. Doch trotz dieser Umstände fürchtete sie die Umsiedlung in ein anderes Konzentrationslager und leider bewahrheitete sich ihre Befürchtung.

Zuerst wurde im Herbst 1942 ihre Großmutter nach Auschwitz deportiert, die sie nie wieder sah; ein Jahr später wurden sie und der Rest ihrer Familie ebenfalls nach Auschwitz deportiert. Allein schon bei der Hinfahrt ist ihr aufgefallen, dass Auschwitz nicht so „erträglich“ sein würde, wie das Lager Theresienstadt. Laut Dagmar Lieblova wurden um die 50 Menschen wie Tiere in einen Viehwaggon eingepfercht und mussten 2 Tage lang eingesperrt dort verharren – ohne zu wissen, wohin es geht. Das Einzige, womit sie ausgestattet wurden, waren 2 Eimer an jeweils einem Waggonende, der eine für Wasser und der andere für die Notdurft. Dort angekommen wurde ihr eine Nummer auf den Arm tätowiert, die sie bis zum heutigen Tage an die damaligen Ereignisse erinnert und so wurde ihr – wie sehr vielen Juden in dieser Zeit – die Identität genommen. Krankheiten, Hunger und Durst, Leid und Tod waren keine Seltenheit mehr, sie wurden vielmehr sogar zu einer Gewohnheit. Doch trotz all dieser Faktoren antwortet Dagmar Lieblova auf die Frage eines Schülers, ob sie Hass gegenüber den Deutschen empfände, mit „Nein, es hätte so oder so nicht geholfen“. Was ihr das Leben rettete, war hauptsächlich ihr Wille und die Hoffnung auf ein Leben, denn ihres hatte doch noch nicht richtig begonnen.

Durch den Arbeitsmangel im Hamburger Freihafen wurde sie vom Konzentrationslager Auschwitz nach Neugraben überstellt. Von September 1944 bis Februar 1945 musste Frau Lieblova als junges Mädchen in einer Zementfabrik körperlich sehr hart arbeiten. Viele sind wegen dieser Tätigkeit durch Erschöpfung gestorben. Frau Lieblova, die noch heute eine große Stärke und Willenskraft ausstrahlt, hat diese schwere Zeit überstanden, so dass sie den Tag der Befreiung am 15. April 1945 miterleben konnte und sich somit den Wunsch, ihr Leben so zu leben wie sie es wollte, erfüllen konnte. Heute ist sie 86 Jahre alt, hat Kinder und Enkelkinder und ist sogar in Besitz einiger ihrer alten Habseligkeiten. Doch trotz der positiven Wende in ihrem Leben denkt sie oft an die schweren Zeiten zurück.

Daher liegt es ihr sehr am Herzen, dass wir ihre Geschichte verbreiten.

B. Aboagye, Klasse 10d

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